Die geostete Kapelle von Winkelmatten ist praktisch eine verkleinerte Kopie der alten Dorfkirche und wahrscheinlich eine späte Wiedergutmachung der Zermatter an die Bewohner von Winkelmatten. Denn - so will es die Sage - als es um den Bau der Pfarrkirche ging, hätte beinahe der Weiler Winkelmatten diese Ehre und Auszeichnung erhalten. Doch die schlauen Dorfbewohner hätten nachts die Werkzeuge, die schon auf dem Bauplatz bereit standen, ins Dorf gebracht und dies den verdutzten Bewohnern von Winkelmatten am anderen Tag als überirdischen Fingerzeig und himmlische Willensäusserung gedeutet.
Die Kapelle wurde zu einem beliebten Wallfahrtsort und stand würdig neben der Mutterkirche. Die Pfarrei zog alljährlich in fünf Prozessionen - heute sind es noch zwei - hinauf, um auf Land und Leute Gottes Segen zu erbitten.
Ein alter Brauch hat diese Kapelle zum Wallfahrtsort junger Paare auserkoren. Für die Fasnacht suchten sich die jungen Zermatter eine Tänzerin. Man tanzte und feierte mit ihr die «alte Fasnacht». Am Fest des heiligen Josef ging man miteinander nach Winkelmatten und damit waren die gegenseitigen Verpflichtungen zu Ende. Jene aber, die am Ostersonntag nochmals gemeinsam nach Winkelmatten wanderten, galten als sichere Hochzeitspaare. Als Hochzeitskapelle erfreut sie sich auch heute noch grosser Beliebtheit.
Die Kapelle der Heiligen Familie wurde 1607 als Marienheiligtum erbaut. Weit über hundert Jahre wird Maria als Patronin genannt. (Heute noch ziert ein schlichtes M als Monogramm das Gesimse in Schiff und Chor.) Bei der bischöflichen Visitation von 1765 wurde dem Ortspfarrer aufgetragen, sich die Frage eines neuen Patrons zu überlegen. Bei der Visitaz von 1809 steht die Kapelle unter dem Schutz der Heiligen Familie. Die Kapelle hat mehrere Renovationen hinter sich, wie die Inschrift in lateinischer Sprache auf dem Chorbogen bezeugt: aedificata 1607, renovata 1735, 1922, 1941, 1985.
Das Gotteshaus selber ist ein einfacher Bau mit einem eingezogenen Chor, einer dreijochigen Vorhalle toskanischer Art und einem Glockentürmchen als Dachreiter. Die in Savoyen gegossene Glocke stammt aus dem Jahre 1697. Der Vorbau bestand zuerst nur aus einem Joch, wahrscheinlich wurden 1735 die beiden andern Joche angebracht. Die vier Furrer-Säulen, die den Vorbau trugen - ein Hans Furrer soll diese Säulen im Mischisand oberhalb Schweigmatten aus dem Fels gehauen und nach Winkelmatten getragen haben - wurden 1985 durch neue ersetzt und stehen nun als "Nature morte" im Park vor dem Pfarreizentrum.
Das Innere der Kapelle ist weiss getüncht und hat im Gegensatz zu den meisten anderen Kapellen ein Kreuzgewölbe aus Stein. Alle Fenster weisen mundgeblasene, bleiverglaste Butzenscheiben auf. Prunkstück der Kapelle ist der Barockaltar, der um 1730 von Anton Sigristen aus Arvenholz geschnitzt wurde. Im Zentrum des Retabels steht die Heilige Familie, dargestellt als sogenannter Heiliger Wandel. Über der Statue von Josef und Maria öffnet sich je eine Muschel und das Jesuskind steht unter Engelsköpfen und einer Krone, aus der eine zierliche Madonna herausragt. Zwei gedrehte Säulen mit Akanthusgewinde auf beiden Seiten bilden den Rahmen für die Heilige Familie. Unter der Gruppe stehen die Worte: erat subdidtus iIIis = er war ihnen untertan. Der obere Teil des reich vergoldeten Altares, die Bekrönung, besteht aus Wolken, Strahlen und Ornamenten. Zwei Engel öffnen die Vorhänge eines Baldachins. Er gibt den Blick frei auf die Heiliggeisttaube im Strahlenkranz und das dahinter liegende Rundfenster mit weissen und gelb getönten Scheiben, durch die die Morgensonne in die Kapelle fällt.
Das kunstvolle Chorgitter, das den wertvollen Altar vor Dieben schützen soll, kann bei Gottesdiensten geöffnet werden. Das Chorbogenkreuz, ein zentraler Leuchter mit Kristallbehang und der Kreuzweg vervollständigen die Ausstattung. Der Kreuzweg umfasst eine Besonderheit: Es wurde eine 15. Station - die hl. Helena mit dem Creutz - hinzugefügt.